Sarkasmus, Ironie, Humor

Sarkasmus ist ein griechisches Wort, heisst zerfleischen. Sobald ich soviel Altgriechisch konnte, schwor ich mir, nie Sarkasmus einzusetzen, um Menschen mit Worten zu zerfleischen, ich kenne meine intellektuelle Überlegenheit.

Das ging Jahrzehnte lang gut, bis 2004. Dann kam der Frontalangriff auf meine Person, Neid, Eifersucht, Intrige, Mobbing, Folter in sämtlichen grossen Psychiatrien des Kantons Berns, vorgeheuchelte Freundlichkeit, die längst auf mein Erbe abzielte, sogar mein Körper sollte nicht mir gehören, ich Pfarrerin als Sexarbeiterin und das gefälligst via Erpressung, ohne Lohn.

Zeitgleich wurde ich älter, ich konnte mich körperlich immer weniger austoben, sprich in irgendeinem Garten jäten, niemand ass mehr Brot, selbst Brot von Hand kneten wurde obsolet.

Als neue Sportart kam Klettern, da kann ich mich austoben, muss aber immer begleitet sein. Klettern geht nur zu zweit, Ich fiel genau einmal beim Bouldern runter, hatte danach Rippen und wusste, dass dieser Sturz viel böser hätte enden können. Menschen, schwer über 50 Jahre alt müssen ihren sportlichen Ehrgeiz zähmen können, um Unfäle zu vermeiden. Verunfallt, weil zu ehrgeizig und dann ganz lange Schmerzen, wenn es geht lieber ohne mich.

Also brauche ich ein neues, diesmal halt sprachliches Ventil, um Spannungen abzubauen, also Sarkasmus.

Gestern fuhr ich in die Stadt, ich hatte Schmuckskizzen in Auftrag gegeben. Meine Augen sehen alles, allein mein Kopf reagiert bei unerwarteten Bildern mit Verlangsamung. Nein, das ist nicht im Bereich von irgendwelcher Normalität, was jedem passiert, sondern aktenkundig behindert. Weiss ich nicht zum Voraus, was ich sehen werde, reagiert mein Gehirn mit Unverständnis. Das ging so gestern.

Es geht um Fingerringe, die umgearbeitet werden, der Plan wurde im Herbst letzten Jahres gefasst. Also das ist lange her, mein Gedächtnis ist nicht per se schlecht, aber was ich optisch bzw. akkustisch nicht richtig einordnen kann, kann nicht korrekt ins Gedächtnis abgelegt werden, ist dort ein diffuses Gestürm und hole ich dieses diffuse Gedächtnisknäuel in die Gegenwart, was dann die jeweiligen GesprächspartnerInnen verwirrt, weil sie solches Gestürm nicht gewohnt sind und ungeduldig werden.

Die Skizzen beim ersten Juwelier umfassten nicht den Ring als Ganzes, sondern nur die Positionierung der Edelsteine auf dem Ring. Für meine optische Unfähigkeit sahen all die verschiedene Skizzen, ungefähr 10 alle gleich aus. Ich: ???

Ich brauche eine sprachliche Anleitung, wo der Ring ist und wo im Verhältnis zum gezeichneten Ring, die Edelsteine und welchen Unterschied deren Grösse macht, plus deren Positionierung. Wie wenn ich blind wäre, muss mir jede Skizze via Sprache erklärt werden, obwohl ich sie sehe, aber eben nicht schalte im Gehirn, wie das Gesehene zu unterscheiden ist, es 8 bis 10 Skizzen gibt, wenn für meine optische Interpretation alles gleich aussieht.

Öffentlichkeit, auf einem Markt, ich muss mich ultimativ beherrschen, kann unmöglich in einen Wutanfall über meine Behinderung ausbrechen.

Nach dieser für mich sehr anstrengenden Besprechung, habe ich mich mit einer Bratwurst mit herrlichem Brot getröstet und einem Bier.

Wie soll ich je irgendeinem normalen Menschen erklären, wie frustrierend es ist, wenn ich alles sehe und höre und mein Gehirn diese Infos nicht interpretiert, ich ständig mit Wissenslücken Entscheidungen treffen muss. Es nützt absolut nichts, wenn ich 14 Tage später in meinem stillen Kämmerlein ein Aha-Erlebnis habe, was ich in Echtzeit, 14 Tage vorher, hätte begreifen sollen, damit mir die Info hätte dienen können.

Meine Laune war schon im Keller, also Juwelier Nummer zwei. Dort geht es um die Nachbildung eines mir gestohlenen Rings, ein Unikat mit Solitär. Meine Aufgabe wäre in Sprache zu beschreiben, was ich über 25 Jahre täglich am Finger hatte.

In dem Fall ist der Frust nicht nur bei mir, der ist längst auf den Juwelier übergegangen. Gestern morgen früh hatte ich ein Foto gefunden und das gemailt, ein Bild erspart bekanntlich 1000 Worte. In der Tat hat der Goldschmied, nicht das Verkaufspersonal begriffen mit dem Bild, was mein Kundinnenwunsch ist.

Der Auftrag scheint momentan mit dem gemailten Bild in die richtige Richtung zu gehen.

Trotzdem bin ich über mich, meine Behinderung frustriert, rolle in eine meiner Nischen, wo ich immer freundlich empfangen werde. 1. doppelter Espresso, dann Thema Garderobe, es geht um Ergänzungen zu bestehenden Hauptstücken.

Dann entdecke ich sie, diese ultimative Lederjacke, die mir noch fehlt. Insbesondere im Herbst, wenn es überall nass ist, trage ich meine Lederhose, um trocken zu bleiben im Rolli. Dazu fehlte noch eine Lederjacke. Die habe ich mir nun geschnappt.

Ich brauche diese, meine Nischen. Ich erzähle seit Jahrzehnten, ich möchte „am Schärme“ leben. Das kriege ich nicht mehr hin, aber meine Nischen, die habe ich.