Die Nennung des Wortes „Bern“ mein Körper reagiert.
Das ist wohl nun so bis zu meinem Tod. Mit dem Kanton, der Stadt, je weniger ich damit zu tun habe, desto besser.
Angefangen hats im Auto, irgendwann begann ich die kürzeste Strecke zu wählen, um den Kanton zu verlassen.
Hängt damit zusammen, dass ich endlich die Möglichkeit hatte mir Wohneigentum zu kaufen. Man kann immer irgendwas kaufen, ich habe verschiedene Konzepte durchprobiert, wie ich meine verschiedenen Bedürfnisse auf einen Nenner bringen will.
Es gibt nie nur eine Art zu leben, es gibt x schöne Flecken ausserhalb des Kantons Bern.
Irgendwann realisierte ich, dass ich die Bergkette Berneroberland völlig anders anschaue als früher. Da wars der Ort des Skifahrens, heute ists ein Seil- und Sesselbahnen Graus.
Was soll ich dort in Elektrorollis, der Jura ist besser geeignet, ich kann mit Autos überall hin, alles ist erschlossen, auf jeden Mont führt ein Strälli, öffentlich zugängig, niemand besitzt eine Alp mit Privatweg oder man darf zu verschiedenen Zeiten rauf und runter, alles kompliziert.
Ich kriege Höhenangst, steil abfallendes Gelände, ich hatte immer Angst davor, heute bin ich nicht mehr bereit, dagegen anzukämpfen.
„Der freie Wille“ des Menschen hängt nicht nur vom Einzelnen ab, es gibt einen Alterungsprozess, der mischelt kräftig mit. Es gibt Zeiten mit anderen Schwerpunkten, die Körper sind der Natur unterworfen.
Dass ich optisch anders reagier, ohne diese Veränderung zum voraus zu wissen, mich wundert es nicht.
Krass war, als ich mit beiden Kindern im Winter 96 skifahren ging. Die Kleine dreieinhalb für meine Verhältnis kannte ich die Pisten in- und auswendig.
Ich sah nur noch Gefahren. Nicht das irgendwas geschah, aber die Verantwortung Mama zu sein lastete schwer auf mir, veränderte meine Optik. Nie wieder war ich dort, die Skierlebnisse meiner Kindheit waren ab dato eingetrübt, ich sah sie als KJind, aber gleichzeitig als erwachsene Mama. Das ergab eine Spannung von Interessen, die kindliche Unbeschwertheit war weggeblasen.
Über freien Willen kann man sich trefflich streiten. Ich finde, dieser freie Wille ist sehr begrenzt, ausgeliefert der Epoche, eingebettet in Kultur, Zeit der eigenen Lebenszeit und Räume. Gerade Letzteres hat sich in meiner Lebenszeit gewaltig geändert.
Die Landwirtschaft wurde auf Hochleistung getrimmt, die Landschaft ist nicht mehr so, wie in meiner Kindheit. Jahr für Jahr stört mich die Monokultur Löwenzahn mit Gras. Mein Kopf blieb stehen, als im Mai Wiesen bunt blühten. Mein Kopf hat offenbar entschieden, nur Löwenzahn gefalle ihm weniger gut.
Über solche Themen diskutiere ich lange nicht mehr mit meinem Kopf. Früher versuchte ich ihn „flexibel“ zu erziehen, das endete immer in „Ja, aber….“ Irgendwann hatte ich genug davon, zudem sind Kindheitserinnerungen prägend, fast wie bei Konrad Lorenz Graugänsen.
Ich ging im Mai in die Berge, die Begeisterung meines Kopfes jubelnd; „Guck mal diese schöne Blumenwiese“, so trickse ich meinen Kopf aus.Er darf sich über schöne Blumenwiesen freuen, er will die Optik, er soll sie haben.
Ich kriege x Kommentare zu meiner bunten Kleidung. Mein Kopf will optisch Kontraste, er kriegt sie und ich stehe dafür gerade.
In der Neurologie ist dieses Phänomen im Schlechten wie im Guten bekannt, wenn was immer gleich ist, eine Reaktion oder ein Empfinden oder die franz. Wörter über sieben Jahre Schulzeit eingeübt wurden, dann sitzt das im menschlichen Kopf, bleibt drin und es ist ein gutes Stück Arbeit sowas ändern zu wollen.
Bern früher geliebte, Wohn- und Heimatstadt, heute der Inbegriff des Unerwünschten, es liegt an seiner politischen Ausrichtung und Behindertenverachtung.