Das Wittikofenquartier ist eine Ansammlung von Hochhäusern, die in alle Richtungen gucken, ein Paradies für vieler SchweizerInnen Lieblingsgewohnheit punkto Nachbarschaft, den Feldstecher zu zücken.
Ich war Dorfpfarrerin, wusste das immer. Früher auf den Bauernhöfen lag der Feldstecher auf der Laubentreppe, das lernte ich als Kind.
Es macht Sinn in einem Dorf mit Bauernhöfen sich kundig zu machen, welche Feldarbeiten Nachbars tun, zu lernen, wer das Heu und Getreide oft trocken reinbringt, einen 7. Sinn für aufziehende Gewitter hat.
In der Stadt, was geht mich Nachbars Wohnung an, wozu sollte ich da mit Vergrösserungsglas reingucken können? Wird eifrigstens gemacht, habe ich nun von meiner neuen Reinigungsfirma bestätigt bekommen, auf den Balkonen gibts Ferngläser.
Völlig logisch stelle ich Pflanzenküber auf der Dachterrasse Richtung andere Blöcke, dass ich nicht gesehen werden kann, wenn ich z.B. dort am Tisch sitze, gerade nicht die Store runtermachen will, sondern die Sonne geniessen.
Selbst mit 67 Jahren verstehe ich diese schweizerische Gewohnheit nicht, was sie bringen soll. Warum diese Neugierde und wenn durchs Fernglas geguckt wird, was wird befriedigt?
Ob der Nachbar sein rotes oder blaues T-Shirt anhat? Ist das wichtig für irgendjemandes Leben?
Mit Dachterrasse auf dem 13 Stock, das ist ein Niedrigbau im Jupiterquartier. Es hat, was hier die Hochhäuser genannt wird, diese sind viel höher, können bequem von oben runterschauen.
Das gibt für mich ein eher sehr merkwürdiges Gefühl. Nachbars sind soweit weg, dass von blossem Auge nur Punkte zu sehen sind, die sich bewegen. Bloss es gibt Ferngläser, die einen Pickel auf meiner Nase ausspionieren können.
Diese Diskrepanz gefällt mir nicht. Obwohl die Attikawohnung eine bezaubernde Aussicht hat, selbst hätte ich sie wegen der SchweizerInnen Neugierde nie gekauft.
Ich habe genau eine Wohnung selbst gekauft, da ist die Anzahl Nachbars, die mir in meine Wohnung blicken können, übersichtlicher.
Ganz allerliebst, eines nahen Nachbars kleiner Swimmingpool mit plantschenden Kindern drin. Sie spritzen, sie freuen sich, sie quietschen vergnügt, so wie wir früher mit Wasser spielten, wenns denn mal Wasser zum Spielen gab.
Dieser Pool erinnert mich an frühere Jahre, die Menschheit erschien damals noch nicht so kompliziert, wie ich sie heute erlebe, ein Pool, ein kleines Stück „heile Welt“, Spielzeug, um Kinder zu erfreuen, ihnen Spass zu gönnen,
Ist eine prima Alternative, fröhliche Nachbarschaft und nicht dieses Eindringen in anderer Menschen Privatsphäre, heimlicherweise, wie sich die FernglasguckerInnen einzubilden pflegen.
Nichts heimlich. Alle, die es wissen wollen, wissens, dass sie Opfer solcher Beobachtungen sein können, nirgendwo Privatsphäre haben, ausser die Jalousien sind unten.