Mit diesem Thema wurde ich erstmalig vor über einem halben Jahrhundert konfrontiert, ein Klassenkamerad hatte sich umgebracht auf dieselbe Weise, wie der Mann von dem ich gestern erfuhr, er habe „es“ gemacht.
Das Geheimnis allen Lebens, ein Geschenk auf Zeit.
Menschen wären so gerne Gott, um selbst befehlen und bestimmen zu können, noch klappts nicht.
Was hat über ein halbes Jahrhundert Nachdenken gebracht? Etwas oder nichts: „Ich weiss, dass ich nichts weiss.“
Gestern am Tel. der Mann, der mir die Todesnachricht schilderte, das letzte gemeinsame Tel. sei voller Optimismus gewesen.
Ein Geheimnis mehr, der Menschheit, wenn der Entschluss gefasst ist, Stunden oder Tage vor der Ausführung der Tat und scheinbar kehrt eine Ruhe und Gelassenheit ein, die verstanden wird als Besserung. Wer eine mit schlimmen Gedanken kämmpfende Person kennt, nicht jede Besserung ist eine Besserung hin zum Leben sein, was wir Lebenden darunter verstehen. Besserung kann bedeuten, ein Entschluss ist gefasst, das Leben geht weiter, bis er in die Tat umgesetzt wird.
Mit einem andern Suizid in meinem Leben ist der Suizid verknüpft. Die Schweiz ist a white spot on the map, so klein und er kommt mir wieder hoch, dieser zweite Suizid, der mich bis heute am meisten beschäftigt.
Bei andern Suiziden konnte ichs zumindest intellektuell einsehen, ablegen, loslassen, dieser zweite, der nun verknüpft ist mit dem gestern erfahrenen, ich bedaure ihn bis heute, weil ein aufrichtiger, wertvoller Mensch, sehr jung, ging unwiderruflich und wie er ging, es war rasch, aber grausam in meinen Augen.
Warum müssen Menschen so gehen, wenn sie gehen in der Schweiz?
Dann die die gehen wollten und es blieb beim Versuch mit Gesundheitsschäden. Habe ich alles gesehen und erlebt. Ich kenns nicht bloss aus Geschichten und plappere es nach.
Mehrfaches Gehen-Wollen und irgendwann klappts, der vollendete Suizid nach einem Suizidversuch.
Die neurologische Frage:“Wie kommts dazu?“ Unbeantwortet.
Die gesellschaftliche und politische Frage: „Wer ist Interventionsberechtigt und wenn ja, mit welcher Ideologie im Gepäck? Darf man Menschen zwingen, ÜBERLEBEN ZU MÜSSEN?
Ethische Fragen sind schwierigste Fragen.
Die Aussicht, jmd. zu retten, es bleibt beim Versuch oder kommt schon gar nicht dazu und es gibt ein nach hinten Verschieben und der Suizid wird später ausgeführt, vollendet. Wann ist was richtig, im Umgang mit Mitmenschen? Die Würde aller Menschen kommt zuvorderst und irgendwann muss man Menschen loslassen.
Immer wenn Menschen in die Position der Güterabwägung kommen, es kann zu viel schief laufen, weils keine formvollendeten, eindeutigen Antworten gibt.
Jedes Leben endet mit dem eigenen Tod. Für die, die zurückbleiben, einige Tode erscheinen schwer zu begreifen und noch schwieriger zu verarbeiten. Das bleibt selten, aber in den Fällen bleibt die Verarbeitung unvollendet.
Niemand kaue bitte die Frage rauf und runter: „Warum?“ Es gibt keine Antwort, das ist die Antwort auf die Warum-Frage.